Schlimmer als jeder Dealer: Apotheken nehmen 100 % Aufschlag auf Cannabis – Dr. Grotenhermen kämpft dagegen an

In einer Apotheke gemahlenes medizinisches Cannabis / rechts: Avoxa Mediengruppe

Dass die Umsetzung des neuen Cannabis-Medizin-Gesetzes holprig werden würde, war klar. Immerhin ist es jetzt geltendes Recht, allerdings nehmen sich derzeit auch viele Apotheker nur zu gerne das Recht raus, einen Aufschlag von 100 Prozent auf die Cannabis-Medizin aufzuschlagen. Somit kostet das Cannabis für Selbstzahler nun doppelt so viel, wie die Besitzer von Ausnahmegenehmigungen bisher zahlen mussten. Das ist für Patienten mit Privatrezept äußerst ärgerlich – zumal es auf der Straße nicht einmal die Hälfte kostet –, aber auch Patienten mit Kassenübernahme müssen in Vorkasse treten.

Und auch die Krankenkassen selbst sind bereits nach fünf Tagen gegen das neue Cannabis-Gesetz Sturm gelaufen und möchten die Kosten nicht übernehmen. Da hilft ein von heute auf morgen verdoppelter Preis den potentiellen Cannabispatienten nur schwerlich bei der Argumentation gegenüber den Ärzten und Krankenkassen.

Hintergrund ist, dass die Apotheker angehalten oder zumindest oft der Meinung sind, dass das den Kunden zur Verfügung gestellte Cannabis zuvor gemahlen werden muss. Und wir reden hier von teilweise zu unkenntlichem Pulver zermahlenem Cannabis. Das möchte sowieso praktisch kein Konsument – Schimmel, Minisamen, sonstige Substanzen sind nicht mehr als Fremdkörper zu erkennen, eventuell bleiben Cannabinoide in der Apotheken-Mühle zurück und die Dosierung wird erschwert, anstatt wie behauptet vereinfacht.

Außerdem: Wenn die Apotheken das Cannabis zermahlen, dürfen sie es als Rezepturarzneimittel abrechnen. Das bedeutet einen Preisaufschlag von 90 beziehungsweise 100 Prozent, den sich die Apotheke einstecken darf. Werden die Blüten im Ganzen abgegeben, fällt nur ein kleine Zuzahlung von etwa 10 Euro pro 5 Gramm an.

Dr. Franjo Grotenhermen, dem wir das aktuelle Gesetz zu Cannabis als Medizin zu einem ordentlichen Anteil zu verdanken haben, kämpft nun gegen die Apotheken, die Cannabis als Rezepturarzneimittel abgeben wollen.

Bei „Apotheke Adhoc“ rechnet er vor: „Werden 5 Gramm Cannabisblüten als Fertigarzneimittel behandelt, so kosten diese den Patienten 68,61 Euro, und der Apotheker verdient etwa 10 Euro. Werden die Cannabisblüten als Rezepturarzneimittel behandelt, so kann der Apotheker auf den Einkaufspreis 100 Prozent aufschlagen, sodass der Abgabepreis bei 113,31 Euro liegen würde, und der Apotheker fast 50 Euro verdient.“

Auch sind die Kosten für das Cannabis aus der Apotheke laut Grotenhermen ein wichtiger Faktor bei der Frage, ob ein Arzt das Medikament überhaupt verschreibe.

Nicht zuletzt deswegen sollten alle Betroffenen unbedingt ihren behandelnden Arzt darauf hinweisen, dass er auf ihrem Rezept notiert, dass die Blüten nicht von der Apotheke zermahlen werden sollen.

Dr. Franjo Grotenhermen fordert alle Cannabispatienten auf, Apotheken zu melden, die Cannabisblüten als Fertigarzneimittel berechnen. So soll eine Liste mit kundenfreundlichen Apotheken auf seiner Website angelegt werden.

„Wir wollen dafür sorgen, dass Apotheken, die den Patienten gute Preise machen, die wahren Profiteure sein werden“, erklärt Grotenhermen gegenüber „Apotheke Adhoc“. Denn die Gründe für den Preiszuschlag sind laut ihm klar: „Dabei geht es ganz offensichtlich im Wesentlichen darum, für die Apotheker, möglichst viel bei diesem Geschäft zulasten der oft nicht reichen Patienten und der Krankenkassen in die eigenen Taschen zu wirtschaften.“

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