Bending – Das Runterbinden von Cannabispflanzen

Cannabispflanze, Links: Vor dem Runterbinden, rechts: Runtergebunden
Links: Vor dem Runterbinden, rechts: Runtergebunden

Durch das Runterbinden der Stängel von Cannabispflanzen kann nicht nur eine ausgeglichene Kultur erzielt werden, sondern auch eine reichere Ernte und festere Blüten. Durch das Runterbinden (oder nach dem englischen Wort dafür auch „Bending“ genannt) kann zudem auch der freie Platz im Raum ausgefüllt werden. Cannabiszüchter binden ihre Pflanzen gleich aus mehreren Gründen runter. Die Begründung dafür ist, dass so allen Pflanzenteilen beziehungsweise allen Pflanzen der gleichmäßige Zugang zum Licht gewährt wird. Auch kann durch das Bending eine gleiche Höhe aller Pflanzen erzielt werden. Außerdem kann dadurch auch leerer Platz im Anbaugebiet genutzt werden.

Wann sollte runtergebunden werden?

Das Runterbinden kann prinzipiell zu jedem Zeitpunkt während des Wachstums und Blühens durchgeführt werden, es muss nur darauf geachtet werden, dass die Pflanzen nicht umknicken oder brechen. Es ist gut, mit dem Bending erst dann anzufangen, wenn die Pflanzen gut verwurzelt und bereits ein bisschen hochgewachsen sind. Denn dann kann erst gesehen werden, wie sich der Aufbau einer Pflanze entwickelt und welche Stängel zum Runterbinden geeignet sind. Auch ist es nicht ratsam, das Bending in den letzten zwei Wochen vor der Ernte durchzuführen. Die Spitzen der Pflanzen sind dann meistens schon ziemlich fest und ihre Verformung ist sehr beschwerlich. Der geeignetste Zeitpunkt überhaupt ist die Wachstumsphase und der erste Monat der Blüte, besonders wenn die Methoden Sea of Green (SOG) oder Screen of Green (SCROG) eingesetzt werden.

Welche Zweige können gebogen werden und wie?

Zum Runterbinden kann ein Gartendraht, der mit einem Isolierrohr beschichtet ist, oder ein Stütznetz benutzt werden. Auch sind manchmal Plastikklammern erhältlich, die man über die Stängel zieht, sodass sie sich unter dem Druck biegen. Am einfachsten ist ein Runterbinden mithilfe des Stütznetzes möglich – und das gleich aus mehreren Gründen. Auf der einen Seite ermöglicht es einem, die Zweiglein ohne größere Komplikationen im Verlauf des gesamten Zuchtzyklus zu biegen. Der zweite Vorteil besteht darin, dass man bei der Ernte das Netz viel einfacher beseitigen kann als den Gartendraht. Wenn man zum Beispiel die Methode See of Green mithilfe des Gartendrahtes ausprobiert, wird man bei der Ernte mit dem Entfernen desselben von den Stängeln völlig überflüssige Arbeit haben.

Auf der anderen Seite muss man sagen, dass der Gartendraht die Zweiglein zuverlässig biegt, während das Netz die Zweige anheben kann – die Lösung für dieses Problem ist jedoch, das Netz fest genug zu spannen. Das Netz wird über der Pflanzenkultur in so einer Höhe befestigt, dass man die gebogenen Stängel in dessen Löcher richten kann. Stütznetze haben gewöhnlich verschiedene Maße viereckiger Maschen. Zum Bending eignet sich am besten eine Lochgröße von 12 mal 12 Zentimetern und weniger, weil so mehr Möglichkeiten zum Auffangen der gebogenen Zweige geboten werden. Zusätzlich verhindert das Stütznetz das Brechen der Stängel vor der Ernte, wenn die Buds schon groß und schwer sind. Es muss angemerkt werden, dass man bei der Verwendung von Gartendraht mehr Möglichkeiten zum Runterbinden hat. Die Löcher des Stütznetzes sind oft nicht dort, wo man sie gerade gebrauchen kann.

Welchen Grund es auch für das Runterbinden geben mag, immer werden die längsten Ausläufer heruntergebunden und es sollte sich bemüht werden, dass dadurch eine ausgeglichene Kultur erzielt wird, die durch das Licht der Lampen oder der Sonne gleichmäßig beleuchtet wird. Die Stängel werden von der Mitte der Pflanze bis zu den Stellen gebogen, wo sie genügend Licht und Raum bekommen. Die Ausläufer sollten nicht direkt an der Spitze gebogen werden, sondern erst am zweiten oder dritten Stängelansatz. An dem Tag, an dem das Runterbinden durchgeführt wird, werden die Spitzen der gebogenen Zweiglein nach unten zeigen, aber schon am nächsten Tag werden sie sich von dem Schock erholen und sich wieder nach oben richten. Bending kann auch hervorragend bei pinzierten Pflanzen durchgeführt werden. Dies sind Pflanzen, von denen einer oder mehrere der Triebe „geköpft“ wurden, was die vermehrte Bildung neuer Seitentriebe und Blütenknospen fördert.

Was sind die Effekte des Bendings?

Durch das Runterbinden der oberen Stängel wird eine bessere Beleuchtung der unteren Zweiglein erreicht. Diese wachsen dank dessen schneller und sind stärker. Daher können an ihnen letztendlich auch größere und kompaktere Blüten erwartet werden. Die Pflanze empfängt das Licht mit einer größeren Fläche ihres „Körpers“, genauso wie eventuelle Spritzungen mit unterstützenden Präparaten, falls diese benutzt werden. Bis zu einem gewissen Grad wird auch das Risiko der Entstehung von Schimmel eingedämmt, weil die Zweige, Blätter und Blüten weiter voneinander entfernt sind. Wenn ein Stütznetz benutzt wird, können auch diejenigen Blätter, die einige Blüten beschatten, besser ausgerichtet werden. Dabei müssen die Blätter nicht unbedingt zerrissen werden, wie es einige Züchter tun. Wenn es geht, kann das Blatt einfach unter dem Netz eingehakt werden und schon hat man ein Problem weniger.

Sea of Green

Wenn ich die Methode Sea of Green (SOG) schon erwähne, werde ich sie ordnungshalber auch beschreiben: Beim SOG wird eine größere Menge von Pflanzen auf eine bestimmte Fläche gepflanzt. Die Pflanzen durchlaufen dabei nur eine äußerst kurze Wachstumsphase. Es ist ratsam, eine Sorte zu wählen, die ein schnelles Wachstum in der Blütenphase aufweist, denn solche Sorten bilden am Anfang schwächere Zweige, die schnell wachsen. In dem Fall können diese leichter gebogen und fast jeden Tag in das Stütznetz verflochten werden. Die Pflanzen werden nicht pinziert, stattdessen werden die unteren Zweige komplett beseitigt. Gewöhnlich werden die obersten vier bis acht Zweige auf jeder Pflanze gelassen. In Hinsicht auf die dichte Bewachsung der Pflanzen hat das Licht somit gar keine Chance, zu den unteren Schichten zu gelangen. Indem diese vom Grower beseitigt werden, wird den Pflanze ermöglicht, sämtliche Energien in die oberen Blüten zu legen.

Ziel des Sea of Greens ist es, maximal mit Blüten bedeckte Pflanzen zu erhalten. Indem man sich bemüht, die Zweige immer in das Netz zu verflechten und all diejenigen zu beseitigen, die keine Chance haben, über das Netz hinauszugelangen, erhält man eine kompakte Fläche von Blüten: ein grünes Meer – auf Englisch Sea of Green genannt. Auf gleiche Weise kann man auch vertikal züchten, so wie es Züchter in nördlicheren Ländern oft machen. Die Netze ziehen sie entlang aller Wände der Growbox und in die Mitte hängen sie vertikal eine Lampe ohne Reflektor auf. So bilden sie eigentlich vier Wände aus den Pflanzen und vervielfachen deutlich die Growfläche.

Beim Screen Of Green (SCROG) handelt es sich sozusagen um das genaue Gegenteil vom Sea of Green (SOG). Denn statt möglichst viele kleine Pflanzen anzubauen, werden die Pflanzen beim SCROG so pinziert, dass sie sich immer weiter ausbreiten und immer mehr Fläche einnehmen. Durch ein Stütznetz werden die neuentstehenden Triebe so verflochten, dass wie auch beim SOG ein Ziel verfolgt wird: eine möglichst dichte Fläche von Blüten. Der SOG ist jedenfalls einfacher durchzuführen als der SCROG, den hier genauer zu erklären den Rahmen des Artikels sprengen würde. Darauf werden wir sicherlich in einer zukünftigen Ausgabe von Highway zu sprechen kommen.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in Highway 05/2016

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