Der Anbau von Cannabis und der EC-Wert

Bild einer Outdoor-Cannabispflanze
Adobe Stock

Damit Cannabispflanzen füllige und potente Buds entwickeln, müssen sie optimal mit Nährstoffen versorgt werden. Doch nicht nur die bloße Versorgung spielt eine Rolle. Auch muss man im Growmedium eine Umgebung herstellen, bei der die Pflanze Nährstoffe überhaupt aufnehmen kann. In der vorherigen Ausgabe von Highway hat Grow-Guru Junior Gong daher den pH-Wert genau unter die Lupe genommen. Doch ebenso wichtig für die Nährstoffaufnahme ist der EC-Wert, der in dieser Ausgabe genauer beleuchtet wird.

Die Abkürzung EC steht für „electric conductivity“, was übersetzt soviel heißt wie elektrische Leitfähigkeit. Aber keine Sorge, es geht nicht darum Cannabispflanzen unter Strom zu setzen. Vielmehr ist diese messbare Eigenschaft eine bewährte Methode, um den Salzgehalt eines Substrats zu bestimmen. Grundsätzlich gilt: Je mehr Salz in einem Substrat enthalten ist, desto leitfähiger ist es. Der EC-Wert wird in Europa in Siemens pro Meter (S/m) gemessen. Da sich die Werte im Rahmen von Gartenaktivitäten in sehr niedrigen Bereichen bewegen, arbeitet man dort mit mS/cm (Millisiemens pro Zentimeter), wobei das „cm“ der Einfachheit halber in der Regel weggelassen wird, beispielsweise auf Messgeräten.

Beispiele für EC-Werte

Beim Cannabisanbau ist der EC-Wert bedeutend für die Nährstoffaufnahme der Pflanze. Da die Pflanze kein Wasser (und damit auch nicht die darin gelösten Nährstoffe) „ansaugen“ kann, nutzt sie einen Trick der Natur: Osmose. Die Zellwände der Pflanze können nur Wasser durchlassen, aber keine Salze (sie ist semipermeabel, sprich halbdurchlässig). Ergibt sich nun eine Ungleichheit in der Salzkonzentration auf beiden Seiten der Zellwände, wollen beide Seiten gemäß der bestehenden Naturgesetze die Konzentration ausgleichen und sich „vermischen“. Da die Zellwand aber nur Wasser durchlässt und kein Salz, wird das Wasser automatisch durch die Membran auf die „salzigere“ Seite angesaugt.

Ein typisches Beispiel der Osmose im Alltag findet man in der Küche. Beim Kochen von Gemüse hilft ein wenig Salz im Wasser, um den Einstrom von Wasser in das (leicht salzhaltige) Gemüse zu verhindern. Ohne Salzzugabe würde das einströmende Wasser den Geschmack buchstäblich verwässern. Bei der Cannabispflanze funktioniert Osmose so: Im Optimalfall ist der Salzgehalt in den Wurzeln höher als im Growmedium drumherum. Durch diese Ungleichheit des Salzgehalts wandert das Wasser (samt der darin gelösten Nährstoffe) aus dem Growmedium automatisch in die Wurzeln.

Steigt der EC-Wert in den Wurzeln, sinkt die Wasseraufnahme. Damit sinkt zugleich auch auch die Nährstoffaufnahme. Ist der EC-Wert des Growmediums höher als derjenige der Wurzeln, setzt die Umkehrosmose ein, bedeutet, das Wasser aus den Wurzeln wandert ins Growmedium – die Pflanze droht auszutrocken! Kurzum: Grower müssen sicherstellen, dass der EC-Wert im Growmedium stets niedriger bleibt als in den Wurzeln der Pflanze. Je nach Growmedium (Erde, Coco, Hydro) und je nach Phase (Anzucht, Wachstum, Blüte) und sogar je nach Woche des Grows ist ein anderer EC-Wert für das Growmedium optimal. Für das Gießwasser muss hingegen immer ein konstanter Wert eingehalten werden. Je nachdem, welches Growmedium verwendet wird, ergibt sich ein anderer Aufwand, um den EC-Wert zu regulieren.

Ideale EC-Werte

Der richtige EC-Wert zur richtigen Zeit

Der EC-Wert in Blumenerde muss nicht penibelst nach Tabelle eingehalten werden. Jeder Strain hat da andere Vorlieben und Toleranzen und kann daher auch schon mal mit Abweichungen von den Empfehlungen gut leben. Hinzu kommt, dass eine hochwertige Erde eine Pufferwirkung hat, sodass Pflanzen selbst bei höheren EC-Werten nicht sofort versalzen. Nicht umsonst ist Blumenerde das perfekte Growmedium für den Einstieg in den Cannabisanbau. Beim Hydroponik-Grow muss der EC-Wert etwas niedriger sein als bei Erde. Da das Growmedium fehlt, gibt es auch keine Pufferwirkung.

Der optimale beziehungsweise maximale EC-Wert in Blumenerde liegt während der Keimung sowie Anzucht in einem niedrigen Bereich und steigert sich während des Grows von Woche zu Woche. Während der Anzucht verträgt der Keimling kein salziges Growmedium. Mit zunehmenden Wachstum wird die Pflanze aber hungriger und verträgt immer mehr Salze. Zum Ende der Blütephase, sprich bei Einleitung der Ernte mittels sogenanntem Flushing (Spülen), muss der EC-Wert dann wieder heruntergebracht werden, sodass der Pflanze alle Salze und Nährstoffe entzogen werden. Der niedrigere EC-Wert beim Flushing bremst auch die Wasseraufnahme der Pflanze, sodass später beim Trocknen die Schimmelgefahr erheblich gesenkt ist. Grundsätzlich gilt – gerade für Anfänger: Ein leicht zu niedriger EC-Wert ist besser als ein zu hoher!

Tipp: Mit einer hochwertigen vorgedüngten Erde spart man sich viel Arbeit (und Nerven) in puncto EC-Wert. Hochwertige Erden wirken wie Puffer für Salze, sodass auch ein leicht erhöhter EC-Wert in der Erde der Pflanze nichts ausmachen wird. Und wenn die Erde vorgedüngt ist, kann mehrere Wochen ohne zusätzliche Düngung gegrowt und der EC-Wert vernachlässigt werden.

Wie wird der EC-Wert reguliert?

Hauptsächlich sind es drei Dinge, die den EC-Wert beeinflussen: das Growmedium, das Gießwasser und der Dünger.

  • Growmedium: Auf keinen Fall sollte beim Kauf der Blumenerde gespart werden! Eine hochwertige Blumenerde ist hier das A und O. Eine Billigerde aus dem Supermarkt kann den ganzen Grow versauen.
  • Gießwasser: Das Gießwasser und das Gießverhalten haben Einfluss auf den EC-Wert im Growmedium. Im optimalen Fall hat das Gießwasser (vor der Düngerzugabe) einen EC-Wert von 0,4 mS. Auch kann eine Mischung aus Leitungs- und Regenwasser verwendet werden, natürlich sollte auch hierbei zunächst der EC-Wert überprüft werden.
  • Dünger: Alle Dünger haben einen eigenen Salzgehalt. Billig Dünger sind oft unausgewogen und übersalzen. Auch Überdüngung kann zu einem erhöhten EC-Wert führen. Leider sind die Herstellerangaben zur Dosierung durch die Bank hinweg völlig überzogen. Empfehlung von Junior Gong: Stets mit maximal zwanzig Prozent der vom Hersteller empfohlenen Dosis düngen. Alles darüber hinaus versalzt erfahrungsgemäß das Growmedium und lässt den EC-Wert zu hoch ansteigen.

Das Messen des EC-Werts von Wasser ist einfach. Die auf dem Markt erhältlichen Messgeräte sind komplett elektronisch. Die Messfühler werden in die zu messende Flüssigkeit gehalten und der Wert abgelesen – fertig. Bei Blumenerde wird das unten ablaufende Drainagewasser während des Gießens gemessen. Einmal gemessen, kann der Wert mit der Tabelle abgeglichen und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.

Ist der EC-Wert zu niedrig (was eher selten vorkommt), reicht es, den Leitungswasseranteil im Gießwasser zu erhöhen oder ein klein wenig Salz aus der Küche in das Wasser zu streuen. Man sollte vorsichtig bei der Dosierung sein. Zur Messung muss das Wasser vorher kräftig umgerührt werden, damit sich das Salz vollständig im Wasser lösen kann. Sollte der EC-Wert leicht erhöht sein, die Pflanze gleichzeitig aber gesund aussehen, kräftig wachsen und gedeihen, keine Mangelerscheinungen oder Zeichen von Überdüngungserscheinungen zeigen und fette Buds produzieren, kann man sich zurücklehnen und musst den EC-Wert nicht voller Panik korrigieren. Dann reicht es vollkommen, einfach die Düngermenge leicht zu verringern oder den Leitungswasseranteil am Gießwasser etwas zu senken.

Sollte der EC-Wert jedoch stark erhöht sein und die Pflanze schon erste Überdüngungserscheinungen zeigen, muss man sofort handeln und die überschüssigen Salze aus dem Growmedium herausspülen. Dazu braucht man pH-neutrales Gießwasser mit einem EC-Wert von 0,2 bis 0,4 und (je nachdem ob es sich um die Wachstums- oder Blütephase handelt) einen passenden mineralischen Dünger: Bei Blumenerde wird der Topf zuerst mithilfe des Gießwassers kräftig durchgespült. Faustregel ist, dass man das doppelte Volumen an Wasser gegenüber dem Volumen der Erde benötigt. Fasst der Blumentopf beispielsweise zehn Liter Erde, nimmt man also zwanzig Liter Gießwasser. Am Tag darauf wird die Pflanze dann mit zehn Prozent der Herstellerangabe gedüngt. An den folgenden Tagen wird der EC-Wert bei jedem Gießen erneut gemessen – er sollte nun deutlich niedriger sein. Die Düngerdosis kann mit jeder Düngung wieder leicht erhöht werden, allerdings nur bis maximal zwanzig Prozent der Hersteller-Empfehlung. Bei Hydroponikanbau reicht es, das Gießwasser im Tank auszutauschen oder das vorhandene Wasser zu verdünnen, bis der passende EC-Wert erreicht ist.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in Highway 04/2016

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